Länger arbeiten lohnt sich?

Kabinett beschließt Rentenprämie

Der Fachkräftemangel stellt Deutschland vor immer größere Herausforderungen. Insbesondere in Zeiten des demografischen Wandels und der alternden Gesellschaft wird es immer wichtiger, erfahrene Arbeitskräfte länger im Berufsleben zu halten. Um dies zu fördern, hat das Bundeskabinett nun eine weitreichende Reform beschlossen: Die Rentenprämie. Dieses neue Konzept bietet Anreize für ältere Arbeitnehmer, über ihre reguläre Rentenzeit hinaus beruflich aktiv zu bleiben.

Die Rentenprämie im Detail

Mit der Einführung der Rentenprämie sollen ältere Arbeitnehmer ermutigt werden, nach Erreichen des Renteneintrittsalters weiterzuarbeiten. Das zentrale Element dieser Reform ist eine steuerfreie Einmalzahlung, die zusätzlich zu den üblichen Vorteilen einer späteren Rente angeboten wird. Diese Prämie wird abgabenfrei ausgezahlt und orientiert sich an den Einsparungen, die durch die fortgesetzte Beschäftigung für die Rentenkasse entstehen. Zu diesen Einsparungen zählen unter anderem die entgangenen Rentenzahlungen sowie die eingesparten Krankenversicherungsbeiträge.

Ein Beispiel: Finanzielle Anreize durch die Rentenprämie

Die Zahlen des Sozialverbands VdK verdeutlichen die Attraktivität der neuen Regelung. Ein Arbeitnehmer, der bei Erreichen der Regelaltersgrenze einen Rentenanspruch von 1.600 Euro brutto pro Monat hat und ein weiteres Jahr arbeitet, könnte eine steuerfreie Einmalzahlung von bis zu 22.000 Euro erhalten. Für viele stellt diese Summe einen erheblichen finanziellen Anreiz dar, den Ruhestand hinauszuzögern. Besonders für Fachkräfte, die sich trotz Rentenanspruch noch fit und motiviert fühlen, bietet die Prämie eine Möglichkeit, ihre Arbeitszeit gewinnbringend zu verlängern.

Zwei Alternativen: Einmalzahlung oder höhere Rentenzahlung

Die Einführung der Rentenprämie ergänzt die bestehenden Vorteile des späteren Rentenbezugs. Arbeitnehmer, die ihren Renteneintritt um ein Jahr verschieben, profitieren weiterhin von einer Erhöhung ihrer monatlichen Altersrente. Pro Jahr, in dem der Renteneintritt hinausgezögert wird, steigt die Rente um etwa 6 %. Zusätzlich fließen durch die weitere Erwerbstätigkeit Beiträge in die Rentenkasse, was die spätere Rentenzahlung weiter erhöht.

Somit haben Arbeitnehmer zwei attraktive Optionen: Entweder sie entscheiden sich für die Einmalzahlung oder für eine lebenslange Rentensteigerung. Laut einer Umfrage des Karrierenetzwerks Xing zieht mehr als die Hälfte der über 50-Jährigen in Betracht, ihre berufliche Tätigkeit über das Renteneintrittsalter hinaus fortzusetzen. Die Wahl zwischen Einmalzahlung und höherer Rente eröffnet ihnen zusätzliche Flexibilität, die ihren individuellen Lebensplanungen entgegenkommt.

Neuerungen für Arbeitgeberbeiträge

Die Reform sieht nicht nur Vorteile für Arbeitnehmer vor. Auch Arbeitgeber erhalten Anreize, ältere Beschäftigte im Unternehmen zu halten. Arbeitgeber können künftig die Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung, die sie für Beschäftigte im Rentenalter zahlen müssten, direkt an die Arbeitnehmer weitergeben. Diese Regelung ermöglicht es Unternehmen, ihre älteren Fachkräfte finanziell zusätzlich zu motivieren. Gerade in Branchen mit akutem Fachkräftemangel könnte dies ein wertvolles Instrument sein, um Know-how und Erfahrung im Unternehmen zu halten.

Lockerungen bei Arbeitsverträgen und Hinterbliebenenrente

Die Bundesregierung hat außerdem zusätzliche Maßnahmen beschlossen, um die Flexibilität älterer Arbeitnehmer zu erhöhen. Eine wichtige Neuerung betrifft die Regelungen zu befristeten Arbeitsverträgen. Arbeitnehmer, die über das Rentenalter hinaus arbeiten möchten, können künftig einfacher entsprechende Verträge abschließen. Diese Lockerung beseitigt Hürden, die bislang viele ältere Arbeitskräfte daran hinderten, länger beruflich aktiv zu bleiben.

Zudem wird es für Personen, die neben dem Erhalt einer Hinterbliebenenrente arbeiten, einfacher, ein Einkommen zu erzielen, ohne finanzielle Nachteile zu erfahren. Bislang wurden zusätzliche Einkommen auf die Hinterbliebenenrente angerechnet, was viele Betroffene davon abhielt, eine Beschäftigung aufzunehmen. Künftig können Hinterbliebene beispielsweise eine Vollzeitstelle zum Mindestlohn (etwa 2.150 Euro brutto monatlich) annehmen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Diese Regelung stärkt vor allem die finanzielle Unabhängigkeit von verwitweten Menschen.

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung

Die neuen Regelungen sollen nicht nur dem Fachkräftemangel entgegenwirken, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands langfristig sichern. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte in diesem Zusammenhang, dass die Maßnahmen dazu beitragen, erfahrene Fachkräfte in der Wirtschaft zu halten. „Unsere erfahrenen Arbeitskräfte sind ein unschätzbarer Wert für die deutsche Wirtschaft, den wir nicht ungenutzt lassen dürfen“, erklärte Heil. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hob hervor, dass angesichts des demografischen Wandels solche Maßnahmen unerlässlich seien, um den Standort Deutschland zu stärken.

Die Rentenprämie und die begleitenden Regelungen setzen ein klares Signal: Ältere Arbeitnehmer sind eine wichtige Säule des deutschen Arbeitsmarkts, und ihre Expertise wird dringend benötigt. Die Reform schafft die notwendigen Anreize und Rahmenbedingungen, um diese Ressource besser zu nutzen.

Langfristige Perspektiven

Die beschlossenen Maßnahmen zur Rentenprämie könnten ein Modell für die Zukunft sein. Angesichts der wachsenden Lücke zwischen dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften und dem Nachwuchs am Arbeitsmarkt ist es unerlässlich, innovative Lösungen zu finden. Die Verlängerung der Erwerbszeit bei gleichzeitig attraktiven finanziellen Anreizen könnte dazu beitragen, die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bewältigen.

Für Arbeitnehmer bedeutet die Reform eine größere Flexibilität und finanzielle Sicherheit im Alter. Ob durch die Einmalzahlung, die Rentensteigerung oder die Möglichkeit, ohne Abzüge zur Hinterbliebenenrente zu arbeiten – die neuen Regelungen bieten viele Vorteile und stärken die Position älterer Arbeitskräfte.

Fazit

Die Rentenprämie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sie motiviert erfahrene Fachkräfte, länger im Beruf zu bleiben, und gibt Arbeitgebern neue Möglichkeiten, wertvolles Wissen im Unternehmen zu halten. Mit diesen Maßnahmen zeigt die Bundesregierung, dass sie den demografischen Wandel aktiv gestalten möchte – ein Gewinn für die Wirtschaft, die Gesellschaft und jeden Einzelnen, der von der Rentenprämie profitieren kann.

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Welcher Tarifvertrag ist Trumpf?

BAG, Beschluss vom 30.04.2024, Az: 1 ABR 10/23

Im aktuellen Streit um die Anwendbarkeit von Tarifverträgen bei Tarifkollisionen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein bedeutendes Urteil gefällt. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Januar 2023 wurde zurückgewiesen. Der Fall dreht sich um eine zentrale Frage: Welcher Tarifvertrag gilt, wenn in einem Betrieb mehrere Gewerkschaften konkurrierende Tarifverträge abgeschlossen haben?

Hintergrund

Die Arbeitgeberin betreibt mehrere Unternehmen im Schienennahverkehr und ist Mitglied des Arbeitgeberverbands AGV MOVE. Mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) wurden über die Jahre verschiedene Tarifverträge geschlossen. Ein Tarifvertrag, der Grundsatzfragen regelte, war bis zum 31. Dezember 2020 gültig und schloss die Anwendung des § 4a TVG (Tarifvertragsgesetz) aus. § 4a TVG regelt, welcher Tarifvertrag in Betrieben mit mehreren konkurrierenden Tarifverträgen vorrangig angewendet wird, nämlich derjenige der Mehrheitsgewerkschaft.

Am 18. März 2021 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass ab dem 1. Januar 2021 nur noch die Tarifverträge der Mehrheitsgewerkschaft gelten sollten. Dies führte zu einer Auseinandersetzung, da der Betriebsrat Informationen über die Mehrheitsverhältnisse der Gewerkschaften verlangte, um seine Aufgaben wahrnehmen zu können. Der Betriebsrat wollte insbesondere wissen, welche Gewerkschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten kollidierenden Tarifvertrags die Mehrheit hatte.

Die rechtliche Auseinandersetzung

Der Fall wurde schließlich vor das Bundesarbeitsgericht gebracht, nachdem der Betriebsrat gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berufung eingelegt hatte. Das BAG hatte dabei zwei zentrale Fragen zu klären:

  1. Zu welchem Zeitpunkt werden die Mehrheitsverhältnisse der Gewerkschaften bestimmt, um die Geltung eines Tarifvertrags gemäß § 4a TVG zu beurteilen?
  2. Hat der Betriebsrat ein Recht auf umfassende Auskunft über die Mehrheitsverhältnisse und andere Informationen, die für seine Arbeit erforderlich sein könnten?

Wichtige Ergebnisse

Das BAG entschied, dass die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats unbegründet sei. Dabei wurden zwei wesentliche Punkte hervorgehoben:

  1. Zeitpunkt der Mehrheitsbestimmung: Die Mehrheitsverhältnisse der Gewerkschaften werden zu dem Zeitpunkt festgestellt, an dem der letzte, kollidierende Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Ein rückwirkendes Inkrafttreten eines Tarifvertrags hat hierbei keine Bedeutung. Damit ist die Frage der Anwendbarkeit eines Tarifvertrags eindeutig an den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geknüpft und nicht an nachträgliche Entwicklungen.
  2. Einschränkung der Auskunftspflicht des Betriebsrats: Das Gericht stellte fest, dass der Betriebsrat nicht hinreichend dargelegt hat, warum die verlangten Informationen für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich wären. Die Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat ist zwar ein wichtiges Instrument, jedoch nicht grenzenlos. Insbesondere bei vergangenheitsbezogenen Informationen muss der Betriebsrat nachweisen, dass diese für seine Arbeit unerlässlich sind.

Bedeutung des Urteils

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis. Es schafft Klarheit darüber, wie Tarifkollisionen in Betrieben mit mehreren Gewerkschaften gelöst werden und welche Rolle der Zeitpunkt des Tarifabschlusses dabei spielt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass ein rückwirkendes Inkrafttreten eines Tarifvertrags keine Auswirkung auf die Bestimmung der Mehrheitsverhältnisse hat. Dies stärkt die Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Gewerkschaften, da die Anwendbarkeit von Tarifverträgen eindeutig geregelt ist.

Darüber hinaus zeigt das Urteil die Grenzen der Rechte und Pflichten des Betriebsrats auf. Obwohl der Betriebsrat grundsätzlich Anspruch auf Informationen hat, die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind, muss dieser Anspruch klar begründet werden. Das BAG machte deutlich, dass Vergangenheitsbezüge allein nicht ausreichen, um eine umfassende Auskunftspflicht des Arbeitgebers zu rechtfertigen.

Fazit

Das Urteil des BAG setzt wichtige Leitlinien für den Umgang mit Tarifkollisionen und die Auskunftsrechte des Betriebsrats. Es verdeutlicht, dass bei Tarifkollisionen die Mehrheitsverhältnisse der Gewerkschaften zum Zeitpunkt des letzten Tarifabschlusses entscheidend sind. Diese Klarstellung ist besonders relevant für Unternehmen, in denen mehrere Gewerkschaften konkurrieren, da sie einen verlässlichen Maßstab für die Gültigkeit von Tarifverträgen bietet.

Gleichzeitig schränkt das Urteil die Rechte des Betriebsrats ein, Informationen ohne ausreichende Begründung einzufordern. Für Arbeitgeber bedeutet dies weniger Unsicherheit, da die Auskunftspflicht klar begrenzt ist. Für Betriebsräte wiederum unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit, ihre Forderungen gut zu begründen und einen klaren Bezug zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben herzustellen.

Mit dieser Entscheidung hat das BAG sowohl die Interessen der Arbeitgeber als auch die Rechte der Gewerkschaften und Betriebsräte in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht. Unternehmen und Arbeitnehmervertretungen sollten die Grundsätze dieses Urteils beachten, um Konflikte in der Zukunft zu vermeiden.

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Ist Quarantäne Urlaub?

Quelle: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/9-azr-76-22/

In einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wurde entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage hat, wenn sich sein bewilligter Urlaub mit einer nachträglichen Quarantäneanordnung überschneidet. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob eine Quarantäneanordnung, die während des bereits genehmigten Urlaubs in Kraft tritt, den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers beeinträchtigt.


Der Fall
Der Kläger beantragte und erhielt acht Tage Erholungsurlaub für den Zeitraum vom 12. Oktober 2020. Unmittelbar vor Beginn seines Urlaubs wurde er von der Stadt Hagen aufgrund eines möglichen Kontakts mit einer infizierten Person in häusliche Quarantäne geschickt. Während der Quarantäne durfte der Kläger seine Wohnung nicht verlassen und hatte eingeschränkten Kontakt zu anderen Personen.
Obwohl der Kläger während der Quarantäne nicht arbeiten konnte, argumentierte er, dass die Urlaubsansprüche nicht erfüllt seien, da er den Urlaub aufgrund der Quarantäne nicht vollständig genießen konnte. Er beantragte daher, die acht Urlaubstage, die sich mit der Quarantäne überschneiden, gutzuschreiben.
Gerichtliche Entscheidungen
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab, da es der Ansicht war, dass der Urlaubsanspruch durch die Bewilligung des Urlaubs und die Zahlung des Urlaubsentgelts erfüllt sei. Auf Berufung des Klägers änderte das Landesarbeitsgericht das Urteil und gab der Klage statt. Die Beklagte legte Revision ein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Quarantänezeit nicht als Krankheit im Sinne des § 9 BUrlG betrachtet wird, die eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigen würde. Die Erfüllung des Urlaubsanspruchs sei bereits durch die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht und die Zahlung des Urlaubsentgelts erfüllt. Die Quarantäne, so das Gericht, falle in den Risikobereich des Klägers und könne nicht mit dem Anrechnungsverbot des § 9 BUrlG gleichgesetzt werden.


Fazit
Das Urteil verdeutlicht, dass eine Quarantäneanordnung, die nach Bewilligung des Urlaubs in Kraft tritt, nicht als Grund für eine nachträgliche Gutschrift von Urlaubstagen dient. Der Urlaubsanspruch ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freistellt und das Urlaubsentgelt zahlt, auch wenn der Urlaub durch außergewöhnliche Umstände wie eine Quarantäne eingeschränkt wird.
Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass eine Quarantänezeit nicht automatisch zu einem Anspruch auf zusätzlichen Urlaub führt. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie alle gesetzlichen Verpflichtungen hinsichtlich Urlaubsanspruch und -vergütung erfüllen, aber sie sind nicht verpflichtet, zusätzliche Urlaubstage für durch Quarantäne verlorene Urlaubszeit zu gewähren.
Diese Entscheidung kann weitreichende Auswirkungen auf die Handhabung von Urlaub und Quarantäne in der Zukunft haben und sollte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen beachtet werden.

BGH-Urteil: Unwirksame Kündigungsklauseln in Bauverträgen

Der VII. Zivilsenat hat sich mit der Benachteiligungswirkung einer Kündigung nach § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B (2002) i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B (2002) im Sinne der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB befasst (BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20).

So heißt es im amtlichen Leitsatz:

„Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden, hält § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Nr. 3 I 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen i. S. d. § 307 I 1, II Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.“

Sachverhalt

Die Beklagte war Hauptauftragnehmerin hinsichtlich eines Teils des Ausbaus der Stadtbahnlinie der S-GmbH. Mit den entlang der Stadtbahntrasse durchzuführenden Straßen- und Tiefbauarbeiten beauftragte die Beklagte im Jahr 2004 die Klägerin als Nachunternehmerin. Die Parteien unterzeichneten hierzu im Oktober 2004 ein Verhandlungsprotokoll, durch das unter anderem auch die VOB/B in der jeweils geltenden Fassung in den Vertrag einbezogen wurde. Die Auftragssumme belief sich auf etwa 3 Mio. EUR netto.

Streitgegenständlich zwischen Parteien war, ob sich die geschuldete Betonfestigkeitsklasse B 25 (entspricht der neuen Bezeichnung C-20/25) auf den Beton im angelieferten oder im verbauten Zustand bezieht.

Während der Bauausführung rügte die Beklagte u.a. am 03.08.2006 die Qualität des verbauten Betons an einem bestimmten Straßenabschnitt und verlangte von der Klägerin unter Fristsetzung eine Mangelbeseitigung. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs kündigte sie die außerordentliche Kündigung des ganzen oder eines Teils des Auftrags sowie die Mangelbeseitigung auf Kosten der Klägerin an.

Die Klägerin kam dem Verlangen nach Beseitigung der behaupteten Mängel, welche mit einem Aufwand von ca. 6.000 EUR zu beziffern waren, nicht nach. Die Beklagte kündigte nach Fristablauf am 18.8.2006 den Bauvertrag hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbrachten Arbeiten.

Die Parteien fordern nicht nur Geldentschädigungen in Form von Restwerklohn und Kosten der Ersatzvornahmen, sondern begehren zudem die Feststellung durch Zwischenfeststellungsurteil, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung eine freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) (Antrag der Kl.) beziehungsweise eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund (gem. § 8 Nr. 3 VOB/B aF) (Antrag der Bekl.) gewesen sei.

Nunmehr befasste sich der BGH mit der Streitigkeit.

Rechtliche Bewertung

Möglichkeit einer Inhaltskontrolle einzelner VOB/B-Regelungen

Für den BGH stellte sich zunächst die Frage nach der Zulässigkeit einer Inhaltskontrolle des § 4 Nr. 7 VOB/B (2002). Die Klauseln der VOB/B sind grundsätzlich als vorformulierte Vertragsbedingungen unter die Allgemeinen Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 I 1 BGB zu subsumieren. § 310 Abs. 1 S. 3 BGB verleiht dem Klauselwerk jedoch eine Privilegierungshaltung. Demnach unterliegt die VOB/B nicht den Regelungen nach §§ 307-309 BGB, wenn diese als Ganzes, also ohne inhaltliche Abweichungen, vereinbart wurde.

Im entschiedenen Fall war es so, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart wurde. Schon im Jahr 2004 hatte der BGH (Urteil vom 22. 1. 2004 – VII ZR 419/02) bestimmt, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass diese nicht als Ganzes vereinbart ist, unabhängig davon, ob sie erheblich ist oder nicht. Eine substanzielle Abänderung der VOB/B ist mithin nicht erforderlich. Damit ist die Inhaltskontrolle auch dann eröffnet, wenn nur geringfügige inhaltliche Abweichungen vorliegen.

Klauselverständnis des § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B (2002)

Grundsätzlich enthält § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B (2002) nicht selbst einen Kündigungsgrund, sondern greift rückbeziehend das in § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B (2002) tatbestandlich geregelte Kündigungsrecht auf. Der Auftraggeber kann demnach den Vertrag kündigen, wenn im Falle des § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) die dem Auftragnehmer gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist. Dabei sieht § 4 Nr. 7 S. 1 VOB/B (2002) vor, dass der Auftragnehmer Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen hat. Kommt der Auftragnehmer dieser Pflicht zur Mangelbeseitigung nicht nach, kann ihm gem. S. 3 der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Entfernung setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe. Da der BGH im entschiedenen Fall die Privilegierungswirkung der VOB/B mangels Einbezuges als Ganzes aufgrund inhaltlicher Abweichung verneint, führt dies dazu, dass eine Inhaltskontrolle durchführbar ist und folglich der BGH die Klausel auf ihre Unangemessenheit i. S. d. § 307 BGB überprüft.

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht hervor, dass die Klausel, selbst bei geringfügigen Abweichungen der VOB/B, unwirksam ist. Die Regelung des § 4 Abs. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Abs. 3 benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen.

Der BGH legte hierbei ein Klauselverständnis nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zugrunde.

Demnach lässt sich von einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners ausgehen, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist. Dabei ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB immer die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen. Nach den Feststellungen des BGH ist damit § 4 Nr. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B (2002) dahingehend auszulegen, wonach schon bei ganz geringfügigen und unbedeutenden Vertragswidrigkeiten oder Mängeln die Kündigung aus wichtigem Grund eröffnet ist.

Die Kündigungsregelung des VOB/B vor Abnahme des Werkes weicht damit gerade von dem gesetzlichen Leitbild einer Kündigung eines Werkvertrags aus wichtigem Grund und den wesentlichen Grundgedanken des Klauselverständnisses ab.

Nach Auffassung des BGH kann der Auftraggeber während der Ausführungsphase unabhängig von diesen Kriterien bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs von der Kündigung Gebrauch machen, auch wenn die Vertragswidrigkeit oder der Mangel nur geringfügig ist.

Die Kündigungssanktion konnte also nach bisheriger Regelung uneingeschränkt bei jeder Vertragswidrigkeit oder Mangelhaftigkeit und auch außerhalb der Feststellung eines wesentlichen oder unwesentlichen Mangels greifen.

§ 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B (2002) differenziert gerade nicht nach der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels, sodass selbst unwesentliche Mängel, die den Auftraggeber nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zur Verweigerung der Abnahme berechtigen würden, zur Kündigung aus wichtigem Grund führen können.

Vertragswidrige oder mangelhafte Werkleistung in der Ausführungsphase kann im Hinblick auf die zu berücksichtigende Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers nur dann ein wichtiger Grund sein, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung für den Auftraggeber begründen.

Kündigungsmöglichkeit des § 648a BGB

Zu betrachten ist aber insoweit, dass eine Wirksamkeit der Kündigung sich durchaus ergeben kann, wenn die Kündigungsumstände als wichtiger Grund i. S. d. § 648a BGB verstanden werden können. Danach können beide Vertragsparteien den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. Dann ergebe sich die Begründung gerade nicht aus der VOB/B, die unwirksam zur Anwendung ist, sondern aus dem BGB.

Von einer Aufzählung einzelner Kündigungstatbestände wie in § 8 VOB/B wurde vom Gesetzgeber bei der Kündigung nach § 648a BGB abgesehen. Stattdessen wurde eine allgemeine Formulierung gewählt. Der Hinweis auf die „Zumutbarkeit“ verdeutlicht jedoch, dass eine Kündigung nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden soll.

Im vorliegenden Fall war jedoch eine Begründung nicht in der nötigen Form möglich. Oftmals spielt es, so auch der BGH, dann keine Rolle, weil gerade die Zugrundlegung des § 4 Abs. 7 VOB/B bei einer Kündigung dafürspricht, dass nicht „mehr“ vorhanden ist – meist sind die Mangelleistungen sehr gering, auf die sich dann gestützt wird – so auch in diesem Fall, weshalb ein Missverhältnis zur Gesamtleistung vorliegt und eine außerordentliche Kündigung nach § 648a BGB scheitert.

Alleinige Wirksamkeit des § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B (2002) möglich

Nach dem BGH behält jedoch § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B (2002) im Übrigen seine Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht auf § 4 VII VOB/B bezogen ist. Die Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B (2002) könne daher ohne Weiteres gestrichen werden, ohne dass die Klausel in § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B (2002) insgesamt ihren Sinn verlieren würde.

Fazit

Der BGH hat ein Urteil gefällt, welches aufgrund der textgleichen Regelung des § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B, auch für die derzeitige Fassung des VOB/B (2016) gilt. Seine Gültigkeit erstreckt sich somit auch auf alle aktuellen VOB/B-Verträge.

Eine Kündigung des Auftraggebers unter Verwendung des § 4 Nr.7 S.3 VOB/B kommt nun rechtssicher nur noch in Betracht, wenn die VOB/B als Ganzes Bestandteil des Vertragsverhältnisses wurde oder der Auftragnehmer der Verwender ist. Gerade dies ist allerdings schwer umsetzbar, sofern die Parteien auch nur geringe Individualisierungen wünschen, denn jede individual vereinbarte Änderung der VOB/B-Bestimmungen – was grundsätzlich möglich ist – lässt die Privilegierungswirkung des § 310 Abs.1 S.3 BGB entfallen und eröffnet eine vollumfängliche Prüfung der VOB/B Regelungen anhand der AGB-Normen im BGB.

Im Übrigen bleibt die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund nur unter den Voraussetzungen bestehen, wenn weitere Umstände dazukommen, die die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung für den Auftraggeber begründen. Das Vorliegen einer mangelhaften oder vertragswidrigen Leistung reicht allein nicht mehr aus. Vielmehr darf die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses den Parteien nicht mehr zugemutet werden können.

Es empfiehlt sich daher stets eine gründliche Prüfung der VOB/B-rechtlichen Vertragsdokumente auf Klauseln im Hinblick auf mögliche Unwirksamkeiten i. S. d. Inhaltskontrolle und insbesondere bei einer außerordentlichen Kündigung eine intensive Prüfung des verwendeten Kündigungsgrundes.

Offene Fragen?

Unsere Experten stehen Ihnen gerne für Fragen und zur Unterstützung zur Verfügung.

Zum erweiterten Thema VOB/B bieten wir derzeit auch eine Schulung aus unserer aurantia academy an. Die Schulung bietet einen speziellen Fokus auf das BGB sowie die VOB/B und vermittelt einen umfassenden Überblick über die Regelungen des Zivilvertragsrechts für Bauleistungen sowie die Leistungen von Architekten und Ingenieuren. Mehr Informationen lesen Sie in diesem Blog-Eintrag.

Schulung BGB + VOB/B 

Wir freuen uns, Ihnen eine unserer exklusiven Schulungen der aurantia academy vorzustellen. Diese Schulung bietet einen speziellen Fokus auf das BGB sowie die VOB/B und vermittelt einen umfassenden Überblick über die Regelungen des Zivilvertragsrechts für Bauleistungen sowie die Leistungen von Architekten und Ingenieuren. 

Unsere Schulung bieten wir über zwei Wege an:

  1. Unser Experte kommt direkt zu Ihnen und schult Ihre Mitarbeiter vor Ort
  2. Ihre Mitarbeiter nehmen an ihren gewohnten Arbeitsplätzen an einer digitalen Schulung teil

Im Folgenden finden Sie alle wichtigen Details zur Schulung, einschließlich eines Überblicks über die geplanten Themen und einer kurzen Zusammenfassung. 

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen und Anwendung „am Bau“ 
  2. Vertragstypen im Baugewerbe 
  3. Leistungen: Pflichten, Feststellungen und Änderungen 
  4. Rechnungslegung und Vergütung 
  5. Sicherheiten im Bauvertrag 
  6. Leistungsstörungen und Rechtsfolgen 
  7. Vorzeitiges Vertragsende: Kündigungen 
  8. Gewährleistungszeit: Rechte und Pflichten

Ein Überblick

1. Grundlagen und Anwendung „am Bau“ 

Unsere Schulung beginnt mit einer grundlegenden Einführung in BGB und VOB/B und deren Anwendung vor Ort. Wir erläutern die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Anwendung des Rechts in der Baupraxis. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der gesetzlichen Grundlagen zu vermitteln, die für Bauprojekte relevant sind. 

2. Vertragstypen im Baugewerbe 

Der nächste Abschnitt befasst sich mit den verschiedenen Vertragsarten, die im Baugewerbe Anwendung finden. Hierzu gehören u.a. der BGB-Bauvertrag, der Generalunternehmervertrag sowie der Subunternehmervertrag. Wir beleuchten die Unterschiede und die spezifischen Regelungen, die für jede Vertragsart gelten. 

3. Leistungen: Pflichten, Feststellungen und Änderungen 

Dieser Teil deckt die Pflichten der Vertragspartner ab, einschließlich der Parameter für die Durchführung von Abnahmen oder sonstigen Leistungsfeststellung sowie den Umgang mit von Leistungsänderungen. Sie erfahren, welche Dokumentationen notwendig sind und wie Nachträge rechtssicher vorbereitet werden. 

4. Rechnungslegung und Vergütung

Wir geben einen Überblick über die Vergütungsmodelle im Bauwesen insbesondere zur Abgrenzung von Einheitspreis- und Pauschalpreisverträgen. Zudem erläutern wir die verschiedenen Rechnungstypen wie Teil- und Abschlagsrechnungen und deren Prüfbarkeit.

5. Sicherheiten im Bauvertrag 

In diesem Abschnitt thematisieren wir die Bedeutung und die verschiedenen Formen der Sicherheitsleistungen im Bauvertrag. Sie lernen, wie Sie sich gegen mögliche Rechts- und Vertragsverletzungen absichern können, das Wagnis Bauvertrag als Unternehmer oder Bauherr eingrenzen können und welche gesetzlichen Regelungen dabei zu beachten sind. 

6. Leistungsstörungen und Rechtsfolgen 

Hier geht es um die Rechte und Pflichten der Vertragspartner bei Leistungsstörungen während der Erfüllungsphase. Wir beleuchten typische Konfliktpunkte und geben praktische Tipps zur Vermeidung und Lösung von Streitigkeiten. Besonders interessante Einblicke erhalten Sie dabei auch in einer Übersicht in Bezug auf die Spezialregelungen der VOB/B zu Behinderungen und Bedenken eines bauausführenden Unternehmens.

7. Vorzeitiges Vertragsende

Wir erläutern insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen für freie und außerordentliche Kündigungen im Bauvertrag. Dabei gehen wir auf die Voraussetzungen, die rechtlichen Folgen und die Abwicklung von Kündigungen ein und stellen in einem Überblick die möglichen Gründe für eine außerordentliche Kündigung in der Anwendung des BGB und vor allem auch der VOB/B dar.

8. Gewährleistungszeit: Rechte und Pflichten / Exkurs

Zum Abschluss der Schulung behandeln wir einen Überblick über die Gewährleistungsrechte und -pflichten nach der Abnahme der Bauleistung. Es wird der Terminus des Abrechnungsverhältnisses beleuchtet. Sie erfahren, welche Ansprüche in der Gewährleistungszeit bestehen, wie sich die Verjährungsfristen zwischen BGB und VOB/B unterscheiden haben und wie Sie etwaig bestehende Ansprüche durchsetzen können. 

Ein abschließender Blick folgt zum Ende der Reihe dann auf den § 18 VOB/B als Abschlussregelung samt Regelungsgehalt und Zielsetzung sowie auf die Anwendungsbereiche und Schutzmechanismen des Bauforderungssicherungsgesetzes.

Das klingt spannend?

Unsere Schulung bietet Ihnen und Ihren Mitarbeitern einen umfassenden Überblick über relevante Themen des Bau- und Immobilienrecht mit einem speziellen Fokus auf das BGB und die VOB/B. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich praxisnahes Wissen anzueignen und Ihre rechtlichen Kenntnisse zu vertiefen. Unser Experte steht Ihnen für Fragen und individuelle Beratungen zur Verfügung – direkt vor Ort oder digital. 

Buchung und Anfragen

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Für weitere Informationen und zur Buchung nehmen Sie gerne direkt Kontakt zu unserem Experten Fabian Knipp auf.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und darauf, Ihnen wertvolle Einblicke in die Welt des Bau- und Immobilienrechts zu geben. 

Wenn Sie sich für andere Themenbereiche interessieren, freuen wir uns über Impulse und schauen gerne nach Möglichkeiten, weitere Schulungen zu konzipieren und anzubieten. 

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Das ABC des Arbeitsrechts

Mit dem ‘𝗔𝗕𝗖 𝗱𝗲𝘀 𝗔𝗿𝗯𝗲𝗶𝘁𝘀𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁𝘀’ starten wir heute eine neue Serie der aurantia 𝗜𝗻𝘀𝗶𝗴𝗵𝘁𝘀.

Unsere Experten widmen sich in jeder Folge einem neuen Begriff aus dem Arbeitsrecht aus Unternehmerseite und zeigen Ihnen praxisnahe Ansätze, um Ihre Interessen als Arbeitgeber nicht nur zu schützen, sondern aktiv zu fördern.

A wie Arbeitsvertrag

Was sollte bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen berücksichtigt werden?


Hier sind einige wichtige Ansätze und Klauseln:
▴ 𝗚𝗲𝗵𝗲𝗶𝗺𝗵𝗮𝗹𝘁𝘂𝗻𝗴𝘀𝗸𝗹𝗮𝘂𝘀𝗲𝗹: Vereinbaren Sie eine Geheimhaltungspflicht für vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse, um die Interessen Ihres Unternehmens zu schützen.
▴ 𝗪𝗲𝘁𝘁𝗯𝗲𝘄𝗲𝗿𝗯𝘀𝘃𝗲𝗿𝗯𝗼𝘁: Legen Sie klare Regeln für ein Wettbewerbsverbot fest, um Konflikte mit der Tätigkeit Ihrer Mitarbeiter bei anderen Unternehmen zu vermeiden.
▴ 𝗛𝗮𝗳𝘁𝘂𝗻𝗴𝘀𝗮𝘂𝘀𝘀𝗰𝗵𝗹𝘂𝘀𝘀: Schützen Sie Ihr Unternehmen vor Schadenersatzforderungen durch einen Haftungsausschluss für bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen Ihrer Mitarbeiter.
▴ 𝗩𝗲𝗿𝘁𝗿𝗮𝗴𝘀𝘀𝘁𝗿𝗮𝗳𝗲𝗻𝗿𝗲𝗴𝗲𝗹𝘂𝗻𝗴: Definieren Sie Vertragsstrafen für Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen im Arbeitsvertrag, um die Einhaltung der Vereinbarungen zu gewährleisten.

B wie Betriebsrat

Wofür ist denn schon ein Betriebsrat gut?

Aus Arbeitnehmersicht können die meisten diese Frage wohl beantworten. Welche Auswirkungen hat die Existenz eines Betriebsrates aber auf die Unternehmensführung?

Wir widmen uns hier dem Thema Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und beleuchten einige Aspekte, über die Sie als Arbeitgeber stets aktuell informiert sein sollten:

𝗘𝗶𝗻 𝗕𝗲𝘁𝗿𝗶𝗲𝗯𝘀𝗿𝗮𝘁 𝗵𝗮𝘁 𝘂𝗺𝗳𝗮𝗻𝗴𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵𝗲 𝗠𝗶𝘁𝗯𝗲𝘀𝘁𝗶𝗺𝗺𝘂𝗻𝗴𝘀𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗶𝗻 𝘀𝗼𝘇𝗶𝗮𝗹𝗲𝗻, 𝗽𝗲𝗿𝘀𝗼𝗻𝗲𝗹𝗹𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝘄𝗶𝗿𝘁𝘀𝗰𝗵𝗮𝗳𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗔𝗻𝗴𝗲𝗹𝗲𝗴𝗲𝗻𝗵𝗲𝗶𝘁𝗲𝗻. 

Diese ergeben sich hauptsächlich aus § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes.

So ist der Betriebsrat immer einzubeziehen, wenn es um Änderungen nachfolgender Themenkomplexe geht:

▴ Betriebsordnung

▴ Arbeitszeit

▴ Überstunden

▴ Kurzarbeit

▴ Urlaubsregelungen

▴ Gehälter

▴ Verhaltens- und Leistungskontrolle

▴ Gesundheits- und Arbeitsschutz

▴ Mobiles Arbeiten

Mit welchen Aufgaben ein Betriebsrat im Einzelnen betraut wird und wann dieser einzubeziehen ist, hängt auch von vielen weiteren, individuellen Faktoren in jedem einzelnen Unternehmen ab.

Wir freuen uns darauf, Sie auf dieser Reise durch die Grundlagen des Arbeitsrechts zu begleiten!

In der Zwischenzeit stehen unsere Arbeitsrechts-Berater natürlich für Ihre ganz individuellen Fragestellungen und zur gemeinsamen Strategieentwicklung zur Verfügung.

DMEA 2024 – Wir sind dabei

Und bringen Ihnen einiges an Expertenwissen direkt zur Messe nach Berlin mit. In Kurzvorträgen in kleiner Runde erhalten Sie wertvolle Insights zu DMEA-relevanten Themen. Wir behandeln Fragestellungen aus dem Vergabe- und Fördermittelrecht sowie der Strategie- und Organisationsberatung. Außerdem bieten wir in einer Tombola die Chance, sich auch im Nachgang ganz unverbindlich mit unseren Beratern auszutauschen – in Form eines privaten Video-Seminars.

aurantia Spotlights

Wir freuen uns über Ihren Besuch an unserem Stand E-101 in Halle 3.2.

Unsere Experten vor Ort

Christian Wagner

▸ Rechtsanwalt

▸ Bürgermeister a.D.

▸ Head of Legal Operations

▸ Teamleiter Public Solutions

& Health Care Management

Henrike Löser

▸ Rechtsanwältin

▸ Senior Advisor Vergaberecht

▸ juristisches Projektmanagement

Unsere Tagesübersicht:

Dienstag, 09. April
11:30 UhrIT-Vergaben –
Herausforderungen für Bieter und Auftraggeber
15:00 UhrEVB-IT Verträge –
Was gilt es zu beachten?
Mittwoch, 10. April
10:30 UhrIT-Vergaben –
Herausforderungen für Bieter und Auftraggeber?
12:00 UhrDigitalisierung als Chance verstehen –
Wie komme ich zur Win-Win-Situation?
14:00 UhrEVB-IT Verträge –
Was gilt es zu beachten?
15:30 UhrKeine Angst vor öffentlichen Auftraggebern –
Tipps zum erfolgreichen Miteinander!
Donnerstag,11. April
11:30 UhrDigitalisierung als Chance verstehen –
Wie komme ich zur Win-Win-Situation?
15:00 UhrKeine Angst vor öffentlichen Auftraggebern –
Tipps zum erfolgreichen Miteinander!

Gewinnen Sie ein Video-Seminar

Mit Ihrer Visitenkarte erhalten Sie die Chance, ein individuelles Video-Seminar zu den in unseren Spotlights behandelten Themen zu gewinnen.

Nehmen Sie teil, indem Sie unseren Stand besuchen und Ihre Visitenkarte in unsere Seminar-Tombola einwerfen. Am Ende der Messe ziehen wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für unsere extra auf die Themen der DMEA zugeschnittenen Video-Seminare.

Wir nehmen aber natürlich auch individuelle Wünsche auf und können Ihnen ein auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Seminar zu besonderen Messe-Konditionen anbieten.

In jedem Fall freuen wir uns auf Ihren Besuch und inspirierende Gespräche.

Steuern sparen mit ChatGPT?

Steuereinsparungen sind ein wichtiger Faktor für Unternehmen, um ihre Finanzen effektiv zu verwalten und ihre Gewinne zu maximieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre Steuerlast reduzieren können. Wir haben einmal die Künstliche Intelligenz von ChatGPT konsultiert, um uns einige wichtige Strategien zu präsentieren.

Steuerberater vs. ChatGPT

Was taugt ChatGPT als Ratgeber in Sachen Steuereinsparungen für Unternehmen? Unser Steuer-Experte kommentiert:

Nutzen Sie steuerliche Abschreibungen

ChatGPT: Eine der effektivsten Möglichkeiten, um Steuern zu sparen, ist die Nutzung von steuerlichen Abschreibungen. Diese ermöglichen es Unternehmen, bestimmte Geschäftskosten wie Investitionen in Maschinen, Gebäude oder Fahrzeuge von ihren steuerpflichtigen Einkünften abzuziehen. Auf diese Weise können Unternehmen ihre steuerliche Belastung senken.

Unser Experte: Das ist grundsätzlich richtig und in vielen Fällen sicher auch ratsam. Dennoch lässt sich auch nicht alles „einfach so“ absetzen. Darüber hinaus sollte man immer auch die längerfristige Zukunft im Blick behalten. Aggressive Abschreibungen mindern zwar den zu versteuernden Gewinn, führen unter Umständen dadurch auch zu einem geringeren Wert der Firma, sollten Sie sich zu einem Verkauf entscheiden.

Spenden Sie an wohltätige Zwecke

ChatGPT: Eine weitere Möglichkeit, um Steuern zu sparen, ist das Spenden an wohltätige Zwecke. Unternehmen können Spenden als Betriebsausgaben von ihren steuerpflichtigen Einkünften abziehen. Dies bedeutet, dass das Unternehmen weniger Steuern zahlen muss. Es ist jedoch wichtig, sicherzustellen, dass die Spenden an eine anerkannte gemeinnützige Organisation gehen.

Unser Experte: Ja, Spenden mindern ebenfalls den zu versteuernden Gewinn. Spenden, die Sie aus gemeinnützigen Zwecken spenden möchten, sollten Sie daher auch steuerlich geltend machen. Hierbei gibt es allerdings auch Obergrenzen der Absetzbarkeit.

Nutzen Sie Steuerbefreiungen

ChatGPT: Unternehmen können auch von Steuerbefreiungen profitieren. Es gibt verschiedene Arten von Steuerbefreiungen, wie z.B. Steuerbefreiungen für Kleinunternehmen oder für bestimmte Branchen. Unternehmen sollten sich über die verschiedenen Steuerbefreiungen informieren, die für sie relevant sein könnten, um ihre Steuerbelastung zu senken.

Unser Experte: Logischerweise steht hinter jedem Unternehmen die Entscheidung, welche Form es annehmen soll. Allerdings spielen hier – neben steuerlichen Vor- und Nachteilen – auch noch viele andere Faktoren eine Rolle und auch die zukünftige Entwicklung sollte frühzeitig mit einkalkuliert werden. Spätestens bei Betriebsaufgabe kann es sonst zu ungewollt hohen Steuerlasten, z.B. durch unbewusste Einlagen kommen.

Berücksichtigen Sie die Umsatzsteuer

ChatGPT: Die Umsatzsteuer ist ein wichtiger Faktor bei der Steuerplanung. Unternehmen können Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, was bedeutet, dass sie die gezahlte Umsatzsteuer von ihren Umsätzen abziehen können. Unternehmen sollten jedoch sicherstellen, dass sie die Umsatzsteuervorschriften genau einhalten, um Strafen zu vermeiden.

Unser Experte: Dieser Tipp erscheint mir an dieser Stelle eher trivial – alleine, weil Unternehmen ab einer bestimmten Größe ohnehin umsatzsteuerpflichtig werden. Interessanter ist hier die Frage, ob unterhalb dieser Grenzen eine etwaige Umsatzsteuerfreiheit (z.B. für Einzelunternehmer) grade in der Gründungsphase Vorteile bietet.

Fazit

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre Steuern reduzieren können. Und Künstliche Intelligenz kann helfen, Sie auf die richtige Spur zu bringen. Fallstricke lauern nicht nur in unpräzisen Formulierungen, sondern vor allem in der mangelnden Aktualität von Wissen bei ChatGPT. Das Steuerrecht verändert sich jährlich. Wer sich also auf Aussagen von (vor) 2021 stützt, riskiert Fehler.

Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie die geltenden Steuervorschriften genau einhalten und die Hilfe von Steuerexperten in Anspruch nehmen, um die besten Steuereinsparstrategien nutzen. Natürlich gilt dies auch für Privatleute.

Sprechen Sie mit unseren Experten.

Aufklärungspflichten im Rahmen eines Immobilienerwerbs

Der V. Zivilsenat des BGH hat sich mit der Frage befasst, welche Auswirkungen die Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch den Käufer auf die Aufklärungspflichten des Verkäufers einer Immobilie hat. (BGH V. Zivilsenat, Urt. v. 15.09.2023 – V ZR 77/22)

Sachverhalt

Streitgegenständlich ist der Verkauf mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex zu einem Kaufpreis von 1.525.000 Euro unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Durch die Verkäuferin wurde insbesondere versichert, dass keine Beschlüsse gefasst wurden, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe, mit Ausnahme der Kosten für eine Dachsanierung von 5.600 Euro jährlich. Weitere Kosten bzw. Sonderumlagen sollen nicht beschlossen worden sein. Zudem heißt es in dem Kaufvertrag, dass dem Käufer die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergeben wurden. Nach Abschluss der Vertragsverhandlungen wurde die Klägerin als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen.

Im Vorfeld des Vertragsabschlusses wurde der Käuferin der Zugang zu einem Datenraum gewährt. Auf diesem befanden sich die Beschlusssammlungen der Eigentümerversammlungen. Problematisch war in diesem Fall das Protokoll vom 1. November 2016, aus welchem hervorgeht, dass die Mehrheitseigentümerin außergerichtlich, sowie gerichtlich auf Zahlung von 50 Mio. Euro für einen im Jahr 2006 gefassten „Umbau- und Revitalisierungsbeschluss“ in Anspruch genommen werden kann. Die Geltendmachung einer Sonderumlage gegenüber den Eigentümern der Gewerbeeinheit wurde abgelehnt.

Zur Aufbringung der Sanierungskosten hatte eine andere Eigentümerin Klage erhoben. Das Verfahren endete im Jahr 2020 mit einem Vergleich, demzufolge von den Eigentümern eine Sonderumlage von zunächst 750.000 und bei Bedarf bis zu 50 Mio. Euro erhoben werden sollte.

Auf dieser Grundlage wurde die Klägerin in Anspruch genommen. Daraufhin hat die Klägerin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und tritt hilfsweise vom Kaufvertrag zurück.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Freistellung von den zur Finanzierung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten, hilfsweise die Zahlung von 1.500.000 €, daneben die Zahlung von 184.551,82 € – jeweils Zug um Zug gegen Übereignung der Gewerbeeinheiten und Abtretung der Rückgewähransprüche bezüglich der eingetragenen Grundschulden – sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden und des Annahmeverzugs. Etwaige Ansprüche wurden zunächst durch das Berufungsgericht abgelehnt.

Rechtliche Bewertung

Vorliegen einer Pflichtverletzung trotz Einstellen in den Datenraum

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht hervor, dass den Verkäufer besondere Aufklärungspflichten treffen können, sofern diese Umstände eine erhebliche Auswirkung auf den Entschluss des Käufers haben können und dieser eine Aufklärung nach der Verkehrsanschauung erwarten kann.

Im vorliegenden Fall konnte dieser Aufklärungspflicht auch nicht durch die zur Verfügungstellung der Daten auf einer Datenablage genüge getan werden. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob im jeweiligen Einzelfall mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Der BGH stellt in diesem Fall darauf ab, dass auf Seiten des Verkäufers eine „berechtigte Erwartung“ bezüglich der Kenntnisnahme durch den Verkäufer besteht. Für eine Einzelfallbewertung ist aus der Sicht des BGH auf verschiedene Kriterien abzustellen. Demnach kommt es darauf an, wie umfangreich die Informationen sind, ob diese systematisch geordnet und zutreffende benannt sind und ob ein Inhaltsverzeichnis oder eine Suchfunktion verfügbar ist. Zudem kann sich ein Unterschied aufgrund eines gesonderten Hinweises auf die Informationen ergeben.

Eine Gesamtbetrachtung dieser Umstände entscheidet darüber, ob der Verkäufer seine Informationspflichten erfüllt hat.

Die Relevanz des zeitlichen Aspekts

Im Rahmen der „berechtigten Erwartung zur Kenntnisnahme“ spielt auch der zeitliche Aspekt eine wichtige Rolle. Sofern Dokumente nachträglich oder kurzfristig vor Abschluss der Verhandlungen eingestellt werden, kann dies dazu führen, dass keine berechtigten Erwartungen zur rechtzeitigen Kenntnisnahme bestehen. Im vorliegenden Fall lag zwischen der Einstellung der maßgeblichen Dokumente lediglich ein Wochenende, sodass der BGH die berechtigte Erwartung einer Kenntnisnahme verneinte.

Weitere Aufklärungspflichten im Rahmen von Immobilienverkäufen

Grundsätzlich besteht im Fall eines Verkaufs eines Gebäudes eine Pflicht zur Offenbarung von Mängeln oder Umständen, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, sofern es sich um Umstände handelt, die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind (BGH WM 1978, 1073 [1074]; NJW-RR 2012, 1078 [1079] Rn. 21; NJW-RR 2021, 843 [845]). Bei den Mängeln, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne Weiteres erkennbar sind, besteht dagegen keine Offenbarungspflicht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (BGH NJW-RR 2012, 1078 [1079] Rn. 21).

Fazit

Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Übergabe physischer Dokumente auf die Nutzung elektronischer Datenräume übertragen. Zwar handelt es sich um eine Einzelfallbeurteilung, aber dennoch gibt das Urteil einen Ausblick auf die Reichweite der Aufklärungspflichten.

Es empfiehlt sich zur Verhinderung von Pflichtverletzungen einen festgelegten Zeitraum für das Einstellen / Übermitteln aller relevanten Unterlagen bestimmen. Zudem kann es als Verkäufer hilfreich sein, den Käufer über neue Inhalte separat zu informieren, sodass auch sichergestellt und im Zweifel auch nachgewiesen werden kann, dass die Anforderungen an die Informationspflichten eingehalten wurden. Andernfalls besteht das Risiko sich gegenüber einem Käufer schadensersatzpflichtig zu machen.

Zudem sollten Verkäufer grundsätzlich im Einzelfall prüfen, ob und welche Aufklärungspflichten bestehen, um etwaigen Schadensersatzansprüchen zu entgehen.

Ein oftmals übersehenes, aber wichtiges Beispiel für einzuhaltende Aufklärungspflichten ist das Vorhandensein von Asbest im Bestandsgebäude, welche sich teilweise auch bereits objektiv aus dem Baujahr des Objektes herleiten lassen. Der Bundesgerichtshof hat zu diesem Thema Asbest in 2009 entschieden, dass Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses zu diesem Zeitpunkt üblich waren, später sich aber als gesundheitsschädlich erwiesen haben, in der Regel einen offenbarungspflichtigen Sachmangel begründen, der für sich genommen vom üblichen Gewährleistungsausschluss in Kaufverträgen nicht erfasst wird.

Sie haben Fragen?

Wir haben Antworten.

Unsere Experten aus dem Bau- und Immobilienrecht begleiten Sie gerne.

Alternativen zur Insolvenz: Sanierungsoptionen für finanziell belastete Unternehmen

Die Herausforderungen, vor denen Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten stehen, können vielfältig sein. Während Insolvenz oft als letzter Ausweg erscheint, gibt es eine Reihe von alternativen Sanierungsoptionen, die es Unternehmen ermöglichen, sich zu erholen und langfristig zu überleben. In diesem Artikel werden verschiedene Wege zur Insolvenz vermieden und praxiserprobte Sanierungsmöglichkeiten beleuchtet.

1. Frühzeitige Identifizierung von Problemen: Unternehmen sollten frühzeitig auf mögliche finanzielle Probleme aufmerksam werden. Eine genaue Analyse der Finanzlage und eine kontinuierliche Überwachung der Liquidität sind entscheidend. Dies ermöglicht eine rechtzeitige Reaktion und die Implementierung präventiver Maßnahmen.

2. Finanzielle Restrukturierung: Eine finanzielle Restrukturierung beinhaltet die Anpassung der finanziellen Struktur des Unternehmens, um seine Rentabilität und Liquidität zu verbessern. Dies kann die Neuverhandlung von Krediten, die Umstrukturierung von Schulden und die Optimierung des Kapitalaufbaus umfassen.

3. Operational Restructuring: Neben der reinen Finanzperspektive ist auch eine Überprüfung der operativen Strukturen entscheidend. Unternehmen können ihre Betriebsmodelle überdenken, ineffiziente Prozesse eliminieren und ihre Geschäftsstrategien anpassen, um die Rentabilität zu steigern.

4. Debt-Equity-Swap: Ein Debt-Equity-Swap beinhaltet die Umwandlung von Schulden in Eigenkapital. Dies kann eine Win-Win-Situation für sowohl das Unternehmen als auch die Gläubiger schaffen, indem die finanzielle Belastung reduziert wird und das Eigenkapital gestärkt wird.

5. Verkauf von nicht-kerngeschäftlichen Vermögenswerten: Unternehmen können nicht-kerngeschäftliche Vermögenswerte veräußern, um kurzfristige Liquidität zu generieren. Dies ermöglicht es ihnen, sich auf ihre Hauptaktivitäten zu konzentrieren und ihre finanzielle Basis zu festigen.

6. Sanierungsvereinbarungen mit Gläubigern: Die Verhandlung von Sanierungsvereinbarungen mit Gläubigern kann eine alternative Möglichkeit sein, eine Insolvenz zu vermeiden. Hierbei werden Zahlungsmodalitäten neu verhandelt, um die finanzielle Belastung zu verringern und dem Unternehmen mehr Spielraum zu geben.

7. Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren: In einigen Ländern ermöglichen Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren dem Unternehmen, während einer Restrukturierung die Kontrolle zu behalten. Dabei wird das Unternehmen vorübergehend vor Gläubigerforderungen geschützt, um eine geordnete Sanierung zu ermöglichen.

8. Finanzierung durch staatliche Programme: Staatliche Programme und Fördermittel können eine kurzfristige Finanzierungslösung darstellen. Diese Mittel können Unternehmen dabei helfen, temporäre Liquiditätsengpässe zu überbrücken und den Sanierungsprozess zu unterstützen.

9. Management-Buy-Out (MBO) oder Employee-Buy-Out (EBO): Ein Management-Buy-Out (MBO) oder Employee-Buy-Out (EBO) bietet die Möglichkeit, dass das bestehende Management oder die Mitarbeiter das Unternehmen übernehmen. Dies kann eine Perspektive bieten, die mit frischem Engagement und neuen Ideen verbunden ist.

10. Beratung durch Restrukturierungsspezialisten: Die Zusammenarbeit mit Restrukturierungsspezialisten und Unternehmensberatern kann entscheidend sein. Externe Expertise kann dazu beitragen, objektive Analysen durchzuführen, umfassende Sanierungspläne zu entwickeln und den Erfolg der Umsetzung zu gewährleisten.

Fazit

Die Vermeidung einer Insolvenz erfordert ein sorgfältiges Management, fundierte Analysen und oft auch kreative Lösungen. Es ist entscheidend, frühzeitig zu handeln und alle verfügbaren Optionen zu prüfen. Eine maßgeschneiderte Kombination aus finanzieller Restrukturierung, operativer Anpassung und strategischer Neuausrichtung kann Unternehmen dabei helfen, gestärkt aus finanziellen Schwierigkeiten hervorzugehen. Eine proaktive Herangehensweise und die Einbindung von Fachleuten sind Schlüsselelemente für den Erfolg bei der Sanierung finanziell belasteter Unternehmen.

Wir stehen Ihnen gerne zur Seite.