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EuGH-Urteil: Tägliche Ruhezeiten sind zu gewähren!

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Die Streitfrage: Müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zu der wöchentlichen Ruhezeit noch eine tägliche Ruhezeit gewähren?

Was ist Ruhezeit?

Ruhezeit ist die Zeit, die dem Arbeitnehmer zwischen einzelnen Arbeitsschichten gewährleistet wird, um sich zu erholen. Laut § 5 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) müssen zwischen Feierabend und dem nächsten Arbeitsbeginn elf Stunden liegen, und zwar ohne Unterbrechung. Für Jugendliche gelten sogar 12 Stunden.

Dies dient dem Zweck, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken durch Überanstrengungen und Ermüdung zu vermeiden.

Hierbei wird zwischen täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten unterschieden. Während tägliche Ruhezeiten elf Stunden betragen, müssen wöchentliche Ruhezeiten 24 Stunden lang sein.

Lassen sich tägliche Ruhezeiten durch Erhöhung der wöchentlichen Ruhezeiten ausgleichen?

Doch wie sieht es aus, wenn der Arbeitgeber die tägliche Ruhezeit von elf Stunden nicht gewährleistet, dafür dem Arbeitnehmer aber deutlich mehr wöchentliche Ruhezeiten zur Verfügung stellt? Mit dieser Frage musste sich nun der EuGH auseinandersetzen.

Geklagt hatte ein Lokführer aus Ungarn, weil seine Arbeitgeberin ihm keine Elf Stunden tägliche Ruhezeit gewährleistete. Dies begründete das Unternehmen damit, dass die Stundenanzahl der wöchentlichen Ruhezeit viel höher wäre und der täglichen Ruhezeit vorausginge. Doch was genau ist damit gemeint?

Nach Artikel 3 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung müssen Mitgliedstaaten der europäischen Union Maßnahmen treffen, damit jedem Arbeitnehmer eine tägliche Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden gewährt wird. Nach Artikel 5 Abs. 1 der Arbeitszeitrechtlinie müssen Mitgliedstaaten zusätzlich zu dieser Maßnahme Vorkehrungen treffen, die jedem Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum – also pro Woche – eine zusätzliche Mindestruhezeit von 24 Stunden gewährt.

Das Unternehmen hatte dem Arbeitnehmer zwar keine tägliche Ruhezeit von elf Stunden gewährleistet dafür jedoch eine wöchentliche Ruhezeit von 42 Stunden. Da diese 42 Stunden die gesetzlich vorgegebenen 24 Stunden deutlich überstiegen und das Unternehmen der Ansicht war, dass die wöchentliche Ruhezeit der täglichen vorausging, sah das Unternehmen hierin keine Benachteiligung. 

Das Unternehmen glaubte also die tägliche Ruhezeit kürzen zu dürfen, da die wöchentliche Ruhezeit im Gegenzug erweitert wurde.

EuGH-Entscheidung: Tägliche und wöchentliche Ruhezeit sind unabhängige Rechte

Der EuGH kam jedoch am 02. März 2023 zu dem Ergebnis, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei unabhängige Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden.

Während die tägliche Ruhezeit unmittelbar an eine Arbeitsperiode verknüpft ist und dafür sorgen muss, dass der Arbeitnehmer sich aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen und entspannen soll, dient die wöchentliche Ruhezeit dazu sich pro Siebentagezeitraum auszuruhen.

Wäre die tägliche Ruhezeit ein Teil der wöchentlichen Ruhezeit würde die Inanspruchnahme der wöchentlichen Ruhezeit dazu führen, dass die tägliche Ruhezeit automatisch gemindert werden oder gar wegfallen würde. Der Arbeitnehmer würde so der Gefahr laufen, dass eine der beiden Ruhezeiten kürzer ausfallen würden, obwohl ihm beide im vollen Umfang zustünden.

Daraus folge, dass die tägliche Ruhezeit kein Teil der wöchentlichen Ruhezeit sei, sondern zu dieser zusätzlich hinzukomme, auch wenn die wöchentliche vorausgehe. Der Arbeitgeber hatte also die tägliche Ruhezeit von elf Stunden einzuhalten.

Bedeutung des EuGH-Urteils für Arbeitgeber

Das EuGH-Urteil betont die Wichtigkeit des Gesundheitsschutzes für Arbeitnehmer. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sowohl die tägliche als auch die wöchentliche Ruhezeit eingehalten werden. Eine Verkürzung der täglichen Ruhezeit aufgrund einer längeren wöchentlichen Ruhezeit ist nicht zulässig.

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