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„Whistleblower“ – Update nach Ablehnung des Gesetzesentwurfs durch den Bundesrat


Spätestens seit Edward Snowden ist der Titel Whistleblower den meisten ein Begriff. Im Deutschen wird eine solche Person, die Informationen über Missstände in einer Organisation an die Öffentlichkeit bringt, auch als Hinweisgeber oder Aufdecker betitelt.

Dies können Mitarbeiter, aktuelle oder ehemalige, aber auch Kunden oder andere Stakeholder sein, die Kenntnis von Fehlverhalten oder Verstößen gegen geltende Regeln, Gesetze oder Ethikrichtlinien haben.

Im besten Fall können durch die gegebenen Hinweise Verstöße aufgedeckt, Missstände beseitigt oder durch das Ergreifen geeigneter Abhilfemaßnahmen Schäden minimiert werden.

Beschwerderecht oder arbeitsrechtliche Konsequenzen

In vielen Unternehmen erweist sich schon eine transparente Feedback-Kultur als wirksames Werkzeug zur Überwachung und Verhinderung von Missständen, da Meldungen aus dem Innen oder Außen dazu beitragen, dass Organisationen schnell auf (aufkeimende) Probleme reagieren und korrigierende Maßnahmen ergreifen können.

Nicht überall herrscht aber eine automatische Wertschätzung von derartigen Rückmeldungen.

Für den Hinweisgeber selbst drohen unter diesen Umständen mehr also nur herablassende Reaktionen von Kollegen und Vorgesetzten. Wenn Sie Ihre Informationen öffentlich machen, kann dies auch arbeitsrechtliche oder strafrechtliche Folgen haben. Während wohl nicht viele ein Leben im russischen Asyl befürchten müssen, schreckt dieses Handeln auf eigene Gefahr vor allem Angestellte immer wieder davon ab, entsprechende Verfehlungen aufzuzeigen.

Arbeitnehmer haben bisher nur begrenzte Möglichkeiten, auf unternehmensinterne Missstände sowie rechtliche Verstöße hinzuweisen. Bevor sie sich an öffentliche Stellen wenden können, müssen sie sich um eine innerbetriebliche Klärung der Probleme bemühen.

So sieht beispielsweise das Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 84 BetrVG ein Beschwerderecht von Arbeitnehmern bezüglich Benachteiligung oder ungerechter Behandlung bei den zuständigen Stellen des Betriebes vor.

Allgemein lässt sich jedoch zusammenfassend sagen, dass der Hinweisgeberschutz in Deutschland bisher nur punktuell gesetzlich geregelt ist.

Bundestag beschließt Hinweisgeberschutzgesetz

Ziel des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes ist es also, den umfassenden Schutz von Hinweisgebern sicherzustellen. Hierfür sieht das Gesetz unterschiedliche Maßnahmen für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern vor. Dazu gehören die Installation von internen Hinweisgebersystemen und eine Beweislastumkehr zum Schutz vor Repressalien eines Hinweisgebers im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit. 

In seiner vom Bundestag beschlossenen Fassung wurde das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) gerade vom Bundesrat abgelehnt. Die Bundesregierung wird sich mit den vom Bundesrat als kritisch angesehenen Punkten wie dem sachlichen Anwendungsbereich und der (finanziellen) Belastung für Unternehmer auseinandersetzen müssen. Voraussichtlich wird der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss zwischen dem Bundestag und Bundesrat ausarbeiten. Der für April 2023 anvisierte Erlass des neuen Gesetzes wird sich zunächst also noch bis voraussichtlich Ende 2023 verzögern.

Was bedeutet dies für Ihr Unternehmen?

Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern sind dann in der Pflicht, die Vorgaben des Gesetzes unverzüglich nach Inkrafttreten umzusetzen. Unternehmen, die zwischen 50 und 249 Arbeitnehmende beschäftigen, wird eine ,,Schonfrist“ eingeräumt werden, die Maßnahmen umzusetzen.

Hinweisgebersysteme können ein wertvolles Instrument im Kampf gegen Missstände in Organisationen sein und durch den Rechtsschutz des Einzelnen eine Kultur der Verantwortung und Integrität unter der Gesamtbelegschaft schaffen.

Wir raten betroffenen Unternehmen, sich kurzfristig beraten zu lassen und eine längere Vorlaufzeit einzuplanen, um nicht in zeitliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Gesetzes zu kommen. 

Anonymität und Sicherheit sollten im Kern der Systeme jederzeit gewährleistet werden.

Dauerhaft sollte sichergestellt werden, dass Hinweisgebersysteme regelmäßig überprüft und ggf. verbessert werden, um ihre Effektivität und die angemessene Bearbeitung von Meldungen und die Weiterleitung an zuständige Behörden oder interne Kontrollorgane sicherzustellen.

Für Rückfragen, wie Sie Ihr Unternehmen jetzt schon gut aufstellen können, um rechtskonformen Hinweisgeberschutz zu gewährleisten, melden Sie sich gerne bei unseren Experten aus dem Team Arbeitsrecht.