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Das Ende der Zero Rating-Angebote – Netzneutralität wieder hergestellt


Der EuGH äußerte sich in insgesamt drei Urteilen zu Nulltarif-Optionen1. Sie wurden als unvereinbar mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung allen Verkehrs nach Art. 3 Abs. 3 TSM-VO eingestuft. Damit gelten unter anderem der Vodafone Pass und das StreamOn Angebot der Telekom als unzulässig.

Den Ball ins Rollen gebracht hatte die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einem Verfahren gegen die Vodafone GmbH. Diese hatte Verbraucher:innen mit dem Vodafone-Pass ermöglicht, ausgewählte Apps ohne Anrechnung auf das vereinbarte Datenvolumen zu nutzen. Laut vzbv verstieß ein solcher Vertrag gegen die Endgerätefreiheit in Art. 3 Abs. 1 TSM-VO.

Ungleichbehandlung durch Zero Rating 

Seit 2016 gelten innerhalb der Europäischen Union die Regeln zur Netzneutralität, die einen offenen, diskriminierungsfreien Zugang zum Internet garantieren. Anbieter von Telekommunikationsdiensten sind seither verpflichtet, den gesamten Datenverkehr im Internet grundsätzlich gleich zu behandeln. Wenn Kund:innen also Online-Dienste nutzen, ohne dass sich dadurch ihr monatliches Datenvolumen reduziert, bedeutet das eine Benachteiligung der Daten, die nicht unter die Option fallen. Damit werden vor allem kleinere, unabhängige App-Anbieter benachteiligt.

Bei Zero Rating Tarifen kann der Verbraucher bestimmte Apps nutzen, ohne dass Datenvolumen abgezogen wird. Dies verstößt insoweit gegen die Netzneutralitätsbestimmungen der EU, weil dadurch eine Verzerrung des Wettbewerbs entsteht. So werden Musik Streamingdienste, die in den Zero Rating Tarifen enthalten sind natürlich von den Kunden bevorzugt, was es grade kleineren Unternehmen oder Apps in der Konkurrenz zu großen Anbieter sehr schwer macht. Die betroffenen Unternehmen argumentieren mit der Bemühung, eine gleichmäßigere Netzauslastung und damit höhere Effizienz zu erreichen. Der EuGH jedoch sieht jedoch kommerzielle Entscheidungen im Mittelpunkt, auf deren Grundlage Unterscheidungen innerhalb des Datenverkehrs vorgenommen werden. Langfristig besteht die Gefahr, dass  Zero-Rating-Angebote die Wahlfreiheit der Verbraucher:innen einschränkten. Dies bringt einen ungleichen Wettbewerb mit sich und hindert die Chancengleichheit durch verminderte Sichtbarkeit von innovativen, weniger populären Inhalten.

Netzneutralität wiederhergestellt

Schon im April 2022 hat die Bundesnetzagentur auf Basis der EuGH-Urteile die Vermarktung der Zero Rating-Optionen untersagt2. Die Neuvermarktung von diesen Datenpässen musste bis zum 01.07.2022 eingestellt werden. Um den Übergang verbraucherfreundlich zu gestalten wurde eine Frist bis Ende März 2023 eingeräumt. Dann müssen auch alle Bestandskundenverträge umgestellt sein.

Anbieter von Internetzugangsdiensten unterliegen damit weiterhin dem Grundsatz der Netzneutralität und müssen sicherstellen, dass für Nutzer:innen stets alle Informationen und Dienste frei genutzt werden können und keine intransparenten Praktiken zu Diskriminierung, Drosselung oder Priorisierung durchgeführt werden.

vzbv-Vorstand Klaus Müller kommentiert:

„Das EuGH-Urteil gegen den Vodafone-Pass setzt ein Zeichen für Netzneutralität und ist ein Sieg für den Verbraucherschutz. Der EuGH bestätigt die Position des vzbv, dass ausgewählte Produkte, die ein bestimmtes Konsumverhalten privilegieren, den Internetverkehr einschränken und diskriminieren. In ihrer jetzigen Form haben Zero-Rating-Produkte wie der Vodafone-Pass nichts mit einem freien Internet für alle Verbraucher:innen zu tun. Der vzbv beobachtet genau, wie die Telekommunikationsbranche diese Entscheidungen nun umsetzt.„3

Wie geht es weiter? 

Die betroffenen Anbieter müssen einen Übergang auf andere Tarife ermöglichen. Dies geschieht automatisch ohne Mitwirkung der Verbraucher.

Die Verbraucherzentralen rechnet damit, dass das Verbot von Zero-Rating langfristig Vorteile für alle Verbraucher:innen mit sich bringt4. Anbieter könnten künftig generell größere Datenvolumina oder günstigere Flatrate-Tarife für Mobilfunk anbieten und damit den Wettbewerb am Markt beleben.

Bereits jetzt gibt es für ehemalige Kunden bis 30 GB zum nunmehr freien Verbrauch. Ob sich auch für Neukunden Vorteile abzeichnen, bleibt abzuwarten.


1 https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/Digitalisierung/Internet/Netzneutralitaet/start.html

2 https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/20220428_StreamOn.html

3 https://www.vzbv.de/urteile/vodafone-pass-verstoesst-gegen-eu-recht

4 https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/digitale-welt/mobilfunk-und-festnetz/kein-zerorating-mehr-das-aendert-sich-fuer-telekom-und-vodafonekundinnen-80772

Autor: Moritz Becker