aurantia.de » Blog » Arbeitsrecht » Darf der Arbeitgeber meinen genehmigten Urlaub zurückziehen? 

Darf der Arbeitgeber meinen genehmigten Urlaub zurückziehen? 


Der Fall, in dem ein Arbeitgeber einen bereits genehmigten Urlaub zurückzieht, ist frustrierend und kann für den Arbeitnehmer erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich bringen. Doch ist es rechtlich erlaubt, dass ein Arbeitgeber eine solche Entscheidung trifft? 

Grundsätzlich gilt, dass wenn ein Arbeitgeber den Urlaub einmal genehmigt hat, er seine Zustimmung nicht widerrufen darf. Dies basiert auf dem Prinzip der Vertrauensschutz. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub langfristig plant, Buchungen vornimmt oder andere Vorkehrungen trifft, sollte er sich auf die genehmigte Freizeit verlassen können. Das Arbeitsrecht gewährt dem Arbeitnehmer in diesem Fall ein gewisses Maß an Rechtssicherheit. 

In einem relevanten Urteil wird auch die nötige Erholungsfunktion eines Urlaubes betont: 

„Nach § 1 BUrIG schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Erholungsurlaub. Zur Erfüllung dieses gesetzlichen Anspruchs hat er den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Dem Arbeitnehmer ist uneingeschränkt zu ermöglichen, anstelle der ge­schuldeten Arbeitsleistung die ihm aufgrund des Urlaubsanspruchs zustehende Freizeit selbstbestimmt zu nutzen.  Das ist dann nicht gewährleistet, wenn der Arbeitnehmer trotz der Freistellung ständig damit rechnen muss, zur Arbeit abgerufen zu werden.“ 

Az. 9 AZR 404/99

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Wenn besondere Umstände vorliegen, die schwerwiegende Konsequenzen für das Unternehmen haben könnten, ist es möglich, dass der Arbeitgeber einen bereits genehmigten Urlaub zurückziehen darf. Ein solcher Umstand könnte zum Beispiel ein unvorhersehbares, existenzgefährdendes Ereignis sein, das eine umgehende Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, nachzuweisen, dass solche außergewöhnlichen Umstände vorliegen. 

Selbst wenn ein solcher Umstand eintritt, darf der Arbeitgeber nicht einfach den Urlaub streichen. Er muss nach anderen Lösungen suchen, um die Situation zu bewältigen, bevor er den bereits genehmigten Urlaub zurückziehen kann. Das kann bedeuten, dass der Arbeitgeber andere Mitarbeiter auffordert, ihre Urlaubspläne anzupassen, oder temporäre Arbeitskräfte einstellt, um den Personalmangel zu beheben. Der Rückzug des genehmigten Urlaubs sollte die letzte Option sein und nur dann erfolgen, wenn alle anderen Maßnahmen nicht ausreichen. 

Kann mein Urlaub aufgrund eines hohen Krankenstandes gestrichen werden?

Normalerweise ist ein hoher Krankenstand im Betrieb kein ausreichender Grund ist, um einen bereits genehmigten Urlaub zurückzuziehen. Insbesondere während der COVID-19-Pandemie kam es zu erhöhten Krankheitsfällen und regelmäßig weiter sorgen Grippewellen für besondere Zustände. Es ist jedoch immer Aufgabe des Arbeitgebers, angemessene Vertretungsmaßnahmen zu treffen. 

Kann der Arbeitgeber Klauseln in den Vertrag einbauen, die den Arbeitnehmer verpflichten, seinen Urlaub bei Bedarf abzubrechen? 

Darüber hinaus sind Vereinbarungen, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, seinen gesetzlichen Urlaub bei Bedarf abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtsunwirksam. Das bedeutet, dass solche Vereinbarungen keine Gültigkeit haben und der Arbeitnehmer nicht gezwungen werden kann, seinen Urlaub abzubrechen. 

Dazu weiter aus dem Urteil: 

„Eine Vereinbarung, in der sich der Arbeitnehmer gleichwohl verpflichtet, den Urlaub abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, verstößt gegen § 13 Abs. 1 BUrIG; sie ist rechtsunwirksam. Danach kann von § 1 BUrIG weder durch die Tarifver­tragsparteien noch durch eine einzelvertragliche Abrede zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.“ 

Az. 9 AZR 404/99

Wenn der Arbeitnehmer freiwillig dem Rückruf des Arbeitgebers folgt und seinen Urlaub vorzeitig beendet, muss dies ausdrücklich auf freiwilliger Basis geschehen. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall verpflichtet, alle entstandenen Kosten zu tragen, die durch den vorzeitigen Abbruch des Urlaubs entstehen. Dazu können beispielsweise die Kosten für Flüge und Stornierungsgebühren gehören. 

Wer übernimmt die Kosten bei einem unfreiwillig gestrichenen Urlaub?

Falls einem Arbeitnehmer der bereits genehmigte Urlaub nachträglich verweigert wird und er freiwillig seine Reise abbricht, jedoch die Kosten selbst tragen muss, sollte er die Situation mit seinem Arbeitgeber besprechen. In solchen Fällen kann es ratsam sein, rechtlichen Rat einzuholen, um die eigenen Rechte und Möglichkeiten zu verstehen und gegebenenfalls Ansprüche geltend zu machen. 

Insgesamt ist es für Arbeitgeber wichtig, die Bedeutung der gewährten Urlaubszeiten zu erkennen und die Mitarbeiter bei ihren Urlaubsplänen zu unterstützen. Eine verantwortungsvolle Urlaubsplanung trägt nicht nur zum Wohlbefinden der Arbeitnehmer bei, sondern stärkt auch die Mitarbeiterbindung und fördert die Arbeitsmotivation. 

An wen kann ich mich in Fragen rund um Arbeitnehmerrechte wenden?

Wurden Ihnen der bereits genehmigte Urlaub nachträglich verweigert? Haben Sie freiwillig ihre Reise abgebrochen, mussten aber die Kosten hierfür selbstständig bewältigen? Sind Sie als Arbeitgeber unsicher über Ihre Rechte und Pflichten?

Dann kontaktieren Sie unsere Experten gerne für ein unverbindliches Erstgespräch!