Die Kündigung von Geschäftsführern führt in der Praxis regelmäßig zu Streit. Anders als Arbeitnehmer sind Geschäftsführer zwar Organmitglieder, dennoch gelten für sie in gewissen Fällen ähnliche Schutzrechte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies mit Urteil vom 05.11.2024 (Az. II ZR 35/23) noch einmal deutlich hervorgehoben.
Besonders relevant sind dabei die strenge Zwei-Wochen-Frist bei außerordentlicher Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB und die Unverrückbarkeit der gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB.
Worum ging es in dem Fall?
Ein Geschäftsführer (der Kläger) war über viele Jahre für eine GmbH & Co. KG (die Beklagte) tätig. Als die Gesellschafterversammlung die Auflösung der Gesellschaft beschloss, erhielt der Geschäftsführer, welcher jedoch kein Mehrheitsgesellschafter war, die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags, mit einer „Auslauffrist“ bis Ende April.
Wenige Monate später sprach die Gesellschaft eine weitere außerordentliche Kündigung aus.
Der Geschäftsführer hielt beide Kündigungen für unwirksam und verlangte sein Gehalt weiter. Der Streit landete schließlich beim BGH.
Die Entscheidung des BGH zusammengefasst:
- Auch wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmte „wichtige Gründe“ für eine Kündigung aufgeführt sind (z. B. die Liquidation der Gesellschaft), gilt die Zwei-Wochen-Frist aus § 626 Abs. 2 BGB. Diese beginnt nach § 626 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Im konkreten Fall lagen zwischen der Kenntniserlangung, nämlich dem maßgeblichen Beschluss auf der Gesellschafterversammlung, und dem Zugang des Kündigungsschreibens beim Kläger, 15 Tage. Somit war die Kündigung verspätet und folglich unwirksam.
- Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 1 und 2 BGB, die eigentlich für Arbeitnehmer gelten, sind entsprechend auch auf Geschäftsführer anzuwenden, die jedoch keine Mehrheitsgesellschafter sind. Diese Fristen können im Vertrag nicht zum Nachteil des Geschäftsführers verkürzt werden.
Damit widerspricht der BGH in der aktuellen Entscheidung ausdrücklich der Linie des Bundesarbeitsgerichts, das bislang § 621 BGB (sog. freie Dienstverhältnisse) angewendet hat.
- Die zweite Kündigung war ebenfalls unwirksam. Als Grund für die zweite außerordentliche Kündigung wurde ein anwaltliches Schreiben des Prozessbevollmächtigten des zu kündigenden Geschäftsführers angeführt, welches seitens der Beklagten als widerrechtliche Drohung gewertet worden und damit als „wichtiger Grund“ für die Kündigung angesehen worden ist.
Der BGH sah den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten nicht als eine solche widerrechtliche Drohung, sodass Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB fehlte und daher nicht für eine fristlose Kündigung ausreichte.
Ergebnis: Der Geschäftsführer behielt seinen Vergütungsanspruch bis Juni 2016 in Höhe von knapp 24.000 Euro.
Was bedeutet das für die Praxis?
Das Urteil ist von großer Tragweite, sowohl für Geschäftsführer als auch für Gesellschaften:
Für Geschäftsführer
Auch wenn Sie keine klassischen Arbeitnehmer sind, können Sie sich bei Kündigungen auf ähnliche Schutzrechte berufen. Dazu gehört das Einhalten von Kündigungsfristen insbesondere in Bezug auf außerordentliche Kündigungen, für die nochmals strengere Regelungen herrschen.
Für Gesellschaften
Kündigungen von Geschäftsführern sind rechtlich komplex. Fehler bei einer solchen, beispielsweise durch die Nichteinhaltung von Fristen oder einer die Begründung einer außerordentlichen Kündigung können schnell teuer werden, wenn die Kündigung unwirksam ist und der Geschäftsführer weiterhin Anspruch auf Gehalt hat.
Für die Vertragsgestaltung
Anstellungsverträge von Geschäftsführern sollten sorgfältig geprüft und gestaltet werden. Gerade bei der Vereinbarung von Kündigungsgründen oder Fristen besteht sonst die Gefahr, dass Klauseln unwirksam sind oder im Streitfall ins Leere laufen.
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Quellen:
BGH Urteil vom 5.11.2024 – II ZR 35/23