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Ist Quarantäne Urlaub?


Quelle: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/9-azr-76-22/

In einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wurde entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage hat, wenn sich sein bewilligter Urlaub mit einer nachträglichen Quarantäneanordnung überschneidet. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob eine Quarantäneanordnung, die während des bereits genehmigten Urlaubs in Kraft tritt, den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers beeinträchtigt.


Der Fall
Der Kläger beantragte und erhielt acht Tage Erholungsurlaub für den Zeitraum vom 12. Oktober 2020. Unmittelbar vor Beginn seines Urlaubs wurde er von der Stadt Hagen aufgrund eines möglichen Kontakts mit einer infizierten Person in häusliche Quarantäne geschickt. Während der Quarantäne durfte der Kläger seine Wohnung nicht verlassen und hatte eingeschränkten Kontakt zu anderen Personen.
Obwohl der Kläger während der Quarantäne nicht arbeiten konnte, argumentierte er, dass die Urlaubsansprüche nicht erfüllt seien, da er den Urlaub aufgrund der Quarantäne nicht vollständig genießen konnte. Er beantragte daher, die acht Urlaubstage, die sich mit der Quarantäne überschneiden, gutzuschreiben.
Gerichtliche Entscheidungen
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab, da es der Ansicht war, dass der Urlaubsanspruch durch die Bewilligung des Urlaubs und die Zahlung des Urlaubsentgelts erfüllt sei. Auf Berufung des Klägers änderte das Landesarbeitsgericht das Urteil und gab der Klage statt. Die Beklagte legte Revision ein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Quarantänezeit nicht als Krankheit im Sinne des § 9 BUrlG betrachtet wird, die eine analoge Anwendung der Vorschrift rechtfertigen würde. Die Erfüllung des Urlaubsanspruchs sei bereits durch die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht und die Zahlung des Urlaubsentgelts erfüllt. Die Quarantäne, so das Gericht, falle in den Risikobereich des Klägers und könne nicht mit dem Anrechnungsverbot des § 9 BUrlG gleichgesetzt werden.


Fazit
Das Urteil verdeutlicht, dass eine Quarantäneanordnung, die nach Bewilligung des Urlaubs in Kraft tritt, nicht als Grund für eine nachträgliche Gutschrift von Urlaubstagen dient. Der Urlaubsanspruch ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freistellt und das Urlaubsentgelt zahlt, auch wenn der Urlaub durch außergewöhnliche Umstände wie eine Quarantäne eingeschränkt wird.
Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass eine Quarantänezeit nicht automatisch zu einem Anspruch auf zusätzlichen Urlaub führt. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie alle gesetzlichen Verpflichtungen hinsichtlich Urlaubsanspruch und -vergütung erfüllen, aber sie sind nicht verpflichtet, zusätzliche Urlaubstage für durch Quarantäne verlorene Urlaubszeit zu gewähren.
Diese Entscheidung kann weitreichende Auswirkungen auf die Handhabung von Urlaub und Quarantäne in der Zukunft haben und sollte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen beachtet werden.