Die Position des Geschäftsführers ist das Herzstück jeder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Der Geschäftsführer repräsentiert das Unternehmen nach außen, er trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Gesellschaft: „Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.“ (§ 43 Abs. 1 f. GmbHG)
Doch was bedeutet das konkret? Dieser Beitrag gibt Ihnen einen kompakten Überblick über die zentralen Pflichten eines Geschäftsführers – und zeigt, warum eine rechtliche Beratung in vielen Fällen ratsam ist.
Die Sorgfaltspflicht: Leitprinzipien guter Geschäftsführung
Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes bedeutet: Der Geschäftsführer muss die Gesellschaft so führen, wie es ein verantwortungsvoller Unternehmer in vergleichbarer Lage tun würde. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung, lässt sich im Wesentlichen in zwei Bereiche untergliedern:
- Die Pflicht zur Beachtung der äußeren Handlungsrahmens („Legalitätspflicht“), sprich das Handeln im Einklang mit Recht und Gesetz sowie
- Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung im engeren Sinne, d. h. ein sorgfältiges Handeln innerhalb der durch Gesetz, Satzung und Organbeschluss gezogenen weiten Grenzen des zulässigen unternehmerischen Handelns.
Wo die Grenze zwischen zulässigem und pflichtwidrigem Handeln verläuft, ist oft schwierig zu bestimmen. Anhaltspunkte für ein nicht zu beanstandendes Handeln des Geschäftsführers ergeben sich aus jahrzehntelanger gerichtlicher Praxis und der ständigen Rechtsprechung, hängen aber insbesondere auch von dem in Frage stehenden Pflichtenverhältnis ab.
Pflichten gegenüber Gesellschaftern: Loyalität, Transparenz und Weisungsbindung
Die Gesellschafter geben die Leitlinien des unternehmerischen Handelns vor. Sie bestellen den Geschäftsführer, sind in einzelnen Fällen über die Gesellschafterversammlung zur Erteilung rechtmäßiger Weisungen berechtigt. Der Geschäftsführer ist gegenüber den Gesellschaftern rechenschaftspflichtig und dennoch ist er nicht bloß reiner Befehlsempfänger. Zu seinen Rechten und Pflichten gehören:
- Loyalität und Transparenz: Der Geschäftsführer muss über die wirtschaftliche Lage informieren, wesentliche Entscheidungen offenlegen, darf nicht täuschen.
- Gleichbehandlung: Er hat die Interessen aller Gesellschafter ungeachtet ihrer Anteilsverhältnisse gleich zu behandeln.
- Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen: Rechtmäßige Gesellschafterbeschlüsse sind umzusetzen.
- Schutz des Gesellschaftsvermögens: Der Geschäftsführer darf keine Maßnahmen ergreifen, die das Stammkapital gefährden oder unzulässige Auszahlungen ermöglichen.
Kommt es zu Konflikten zwischen Gesellschaftern, steht der Geschäftsführer häufig zwischen den Fronten. In solchen Fällen ist er gut beraten, sich neutral zu verhalten und – bevor er handelt – rechtliche Beratung einzuholen.
Pflichten gegenüber der GmbH selbst
Die GmbH ist eine eigene juristische Person (§ 13 GmbHG). Der Geschäftsführer handelt für diese Gesellschaft und damit weder für sich selbst noch für die Gesellschafter. Er verpflichtet sich also, die GmbH so zu führen, dass sie ihren gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen nachkommen kann.
Dazu gehören insbesondere:
- Ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung unter Beachtung der handelsrechtlichen Vorgaben,
- die Einhaltung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten,
- die Sicherung der Liquidität,
- die rechtzeitige Reaktion auf Krisen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Insolvenzantragspflicht.
Diese Pflichten bestehen dauerhaft – nicht nur in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Der Geschäftsführer muss laufend überwachen, ob die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nachkommen kann.
Verantwortung gegenüber Dritten
Neben seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern kann der Geschäftsführer auch gegenüber außenstehenden Dritten haften – etwa Gläubigern, Mitarbeitern, Behörden oder Vertragspartnern. Die GmbH haftet grundsätzlich für ihre Verbindlichkeiten selbst. Ausnahmen ergeben sich allerdings z. B.
- bei Verstößen gegen steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Vorschriften,
- bei Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife,
- bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten, etwa Täuschung, Betrug oder sittenwidrigem Verhalten.
Solche Fälle sind zwar Ausnahmen, können aber existenzbedrohend sein. Eine rechtzeitige Beratung, insbesondere bei Anzeichen einer Unternehmenskrise, ist daher dringend zu empfehlen.
Überprüfung unternehmerischer Entscheidungen – die sog. Business Judgment Rule
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen des Geschäftsführers die an dem US-amerikanischen Vorbild angelehnte „Business Judgment Rule“ geprägt. Danach ist eine unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes regelmäßig vereinbar, wenn
- sie unter Beachtung der Legalitätspflicht,
- auf der Grundlage einer angemessenen Informationslage,
- zum Wohle der Gesellschaft,
- in „gutem Glauben“ und
- ohne Eigeninteresse und sachfremde Einflüsse
getroffen worden ist.
Das Recht verlangt demzufolge keine absolute Fehlerfreiheit, sondern insbesondere Verantwortungsbewusstsein und strukturiertes Handeln. Für die Geschäftsführung bedeutet dies: Wer seine Entscheidungen sorgfältig vorbereitet, sie nachvollziehbar dokumentiert, Risiken abwägt und ggf. fachlichen Rat einholt, bewegt sich regelmäßig auf sicherem Boden – selbst wenn sich eine Entscheidung später als wirtschaftlich unvorteilhaft erweist.
Fazit: Pflichtbewusstsein ist der beste Haftungsschutz
Ein verantwortungsvoller Geschäftsführer kennt die rechtlichen Grenzen seines Handelns und weiß, wann er Unterstützung braucht.
Die Sorgfaltspflichten bilden den Rahmen, innerhalb dessen er rechtssicher handeln kann. Wer die Interessen der Gesellschaft wahrt, transparent mit Gesellschaftern kommuniziert, rechtliche Risiken frühzeitig erkennt und unternehmerische Entscheidungen im Kontext der Business Judgment Rule trifft, reduziert persönliche Haftungsrisiken erheblich.
Jeder Fall ist anders! Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten hängt von der Größe und Struktur der Gesellschaft, den Gesellschafterverhältnissen, der wirtschaftlichen Lage und zahlreichen weiteren Parametern ab. Eine rechtliche Beratung durch einen im Gesellschaftsrecht erfahrenen Anwalt ist daher in Zweifelsfällen unerlässlich.